Weil Crowdfunding ein ziemlich erfolgreiches Mittel ist, um für Produkte oder Projekte von einer breiten Masse Geld einzusammeln, beleuchten wir in diesem Artikel die Vor- und Nachteile dieser Finanzierungsmethode im Hinblick auf Open-Source-Erweiterungen.
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Nachdem im Jahr 2012 die TYPO3-Association die wichtigste Finanzierungsquelle für den TYPO3-Core und andere Teams wie z.B. das damals noch mit TYPO3 verbundene NEOS-Projekt geworden war, benötigten wir andere Wege, um die Entwicklung von Erweiterungen zu finanzieren. Zu diesem Zeitpunkt kam erstmalig Crowdfunding ins Spiel, denn auf diese Weise ließen sich Mittel für klar definierte Ziele von einer klar definierten Zielgruppe beschaffen.
Ich bin mir ziemlich sicher, daß die Revolution im Fernsehen übertragen werden wird, wobei mir einfällt, daß sie außerdem mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit durch Crowdfunding finanziert sein wird.
Das Gridelements-2.0-Refactoring war eines der ersten offiziell durch Crowdfunding finanzierten Projekte in der TYPO3-Welt. Es erzielte eine Summe von 32.000,-€ für bezahlte Entwicklung, die im Rahmen einer 90-tägigen Kampagne auf der Crowdfunding-Plattform Startnext erreicht wurde.
Da die Gridelements-Kampagne sehr gut ankam und bei diversen TYPO3-Veranstaltungen als Vorreiter präsentiert wurde, folgten weitere TYPO3-Projekte, teilweise ebenfalls erfolgreich finanziert, wie z.B. TYPO3-Theme-Packages oder TYPO3-Mask im Jahr 2014.
Das letzte TYPO3-Projekt, das erfolgreich per Crodwfunding finanziert wurde, war im Jahr 2016 die 50.000,- € Frontend-Editing-Kampagne der schwedischen Firma Pixelant.
Obwohl viel für die Crowd als Finanzierer der Entwicklung von Erweiterungen spricht, hat diese Form auch gewisse Nachteile. Die klar festgelegten Ziele, das treuhänderisch verwaltete Kapital, der verkürzte Zeitrahmen im Vergleich zu Budgets der Association, das alles macht Crowdfunding durchaus interessant. Dennoch scheiterten einige Projekte kläglich daran, ihr Spendenziel zu erreichen.
Also muß es auch hier Fallstricke geben, weshalb wir das Thema in diesem Artikel genauer unter die Lupe nehmen wollen.
Am meisten stört mich die Legalisierung von Crowdfunding, der Möglichkeit für Startup-Firmen, sich über das Internet Kapital von kleinen Investoren zu beschaffen.
Eine gute Sache beim Crowdfunding ist die Umsetzung des Sprichworts "Kleinvieh macht auch Mist". So kommen auch Menschen, die nur kleinere Beiträge leisten wollen, als Investoren in Betracht.
Je kleiner die Community oder Zielgruppe ist, die man ansprechen will, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für einen Fehlschlag der Kampagne, denn man benötigt eine kritische Masse möglicher Unterstützer, die sich für das Produkt interessieren. Es dürfte daher schwieriger sein, eine TYPO3-Extension über Crowdfunding zu finanzieren als ein Wordpress-Plugin.
Die meisten Crowdfunding-Plattformen wie Kickstarter oder das für Gridelements und Themes verwendete Startnext erwarten ein mehr oder weniger professionell produzierte Kampagne, die immer auch ein Video enthalten muß. Das Gute daran ist, daß man dadurch mehr Marketing betreibt als durchschnittliche Entwickler.
Je professioneller man die Kampagne gestalten möchte, desto mehr Geld benötig man im Voraus, um sie zu produzieren. Kampagnen wie die für TYPO3 Mask haben beispielsweise gerade die eigenen Produktionskosten wieder eingespielt. Eigentlich soll das Geld aber für die Entwicklung bereitstehen und nicht für die Kampagne.
Gut für Investoren aus der Crowd ist, daß es klar definierte Ziele gibt, die sie für einen konkreten Zahlbetrag erhalten. Sie können so Geld für Dinge bereitstellen, die sie wirklich in einer TYPO3-Extension benötigen, während sie die "Nice-To-Have"-Funktionen beiseite lassen.
Der Zwang zum Anlegen konkreter Artikel für den Verkauf widerspricht modernen Prinzipien agiler Softareentwicklung. Dadurch wird man als Entwickler in die Situation gebracht, daß man bestimmte Funktionen selbst dann noch ausliefern muß, wenn sich während der Entwicklung herausstellt, daß sie völlig nutzlos oder unerreichbar sind.
Weil man den Unterstützern nicht unbedingt persönlich bekannt ist, ist es sinnvoll, daß es vertrauenswürdige Partner wie Kickstarter oder Startnext gibt, die das Geld bis zur Beendigung der Kampagne treuhänderisch verwalten.
Der störendste Umstand beim Crowdfunding sind die dabei verwendeten Prinzipien der "Gamification", mit denen Unterstützer motiviert werden sollen, beim virtuellen Rennen zum Ziel zu helfen. Man muß in jedem Fall das gesteckte Ziel in einem bestimmten Zeitraum erreichen, weil anderenfalls kein Geld ausgezahlt wird.
Während Association-Budgets, die wir in einem vorigen Artikel behandelt haben, lediglich jährlich vergeben werden, kann man mit einer eigenen Crowdfunding-Kampagne jederzeit starten und muß zudem nicht auf die Genehmigung durch einen Vorstand oder ein anderes Gremium warten. Trotzdem erhält man weiterhin eine Art Abstimmung durch die Zielgruppe.
Eine durchschnittliche Crowdfunding-Kampagne benötigt eine Laufzeit von mehreren Wochen und hat damit das Finanzierungsziel nicht zwingend erreicht. Natürllich gibt es Ausnahme-Kampagnen, die ihr Ziel innerhalb weniger Tage erreichten, aber üblicherweise erhält man durch Crowdfunding noch keinen monatlichen Gehaltsscheck.
Crowdfunding-Kampagnen haben sich als sinnvolle Werkzeuge zur Starthilfe für Startup-Firmen, Produkteinführungen und kulturelle Projekte erwiesen. In einigen Fällen wurden deutlich mehr als eine Million Dollar für Kickstarter-Kampagnen erzielt und deren Produkte wurden sehr erfolgreich.
Das Hauptproblem, das viele Menschen bei der Durchführung von Kickstarter-Kampagnen vergessen, ist die Tatsache, daß es beim Betrieb eines Geschäfts nicht nur darum geht, Startkapital zu beschaffen. Es wird sehr viel mehr Geld benötigt, um das Geschäft am Laufen zu halten, und in den meisten Fällen muß dieses Geld über andere Wege als Crowdfunding beschafft werden.
Wie die meisten normalen Investoren wollen auch Menschen, die eine Dienstleistung oder ein Produkt per Crowdfunding unterstützt haben, informiert werden. Dies ist eine gute Möglichkeit, mit möglichen Kunden in Kontakt zu bleiben und dabei das zusätzliche Geschäft zu erzeugen, das für die Weiterführung benötigt wird, nachdem man das Finanzierungsziel erreicht hat.
Entwickler sollten die Zeit, die man in das Schreiben von Dokumentation, Nachrichten, Blog-Artikeln und anderen Informationen für Unterstützer investieren muß, keinesfalls unterschätzen. Die Kommunikation einer Crowdfunding-Kampagne zu bewältigen kann sehr schnell zu einem Vollzeit-Job ausarten.
Während Crowdfunding für einige Projekte im TYPO3-Umfeld recht gut funktioniert hat, waren andere Kampagnen ein Fehlschlag, weil sie nicht die Kriterien für eine erfolgreiche Kampagne erfüllt haben.
Man benötigt genügend Menschen, die am angebotenen Service interessiert sind und der Person als Entwickler vertrauen, eine gut vorbereitete Marketing-Kampagne sowie klar defenierte Verkaufsartikel und professionelle Kommunikation.
Dennoch wird Crowdfunding nicht zu einem geregelten Einkommen führen, selbst wenn man das Finanzierungsziel erreichen sollte, weil die TYPO3-Community zu klein ist, um Beträge zu erzeugen, wie sie auf Kickstarter und anderen Plattformen bereits erzielt worden sind.
Grob geschätzt gibt es ein Potential für ein oder zwei solcher Kampagnen im TYPO3-Umfeld pro Jahr. Daher ist das Fazit, daß wir für ein verläßliches Einkommen andere Lösungen benötigen.
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